IMPLEMENTIERUNG


Energiewende in Deutschland

Ziel der Energiewende in Deutschland ist es, bis 2050 den Anteil der Erneuerbaren Energien am Stromverbrauch auf 80 % zu steigern, den Primärenergieverbrauch im selben Zeitraum verglichen mit dem Jahr 2008 um 50 % zu senken und den Treibhausgasausstoß in Einklang mit den EU-Zielen um 80 bis 95 % verglichen mit dem Jahr 1990 zu reduzieren. Insgesamt sollen im Jahr 2050 mindestens 60 % des Energieverbrauchs durch Erneuerbare Energien gedeckt werden. Festgelegt wurden diese Ziele 2010 noch vor der Nuklearkatastrophe in Fukushima, die zu der Rücknahme der kurz zuvor beschlossenen Laufzeitverlängerung führte.

Weitere Ziele sind der vollständige Atomausstieg bis zum Jahr 2022, die Steigerung der Energieeffizienz zur rationelleren Nutzung von Primärenergieträgern, eine größere Unabhängigkeit von Energieimporten wie Erdöl und Erdgas und eine Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland durch Innovationen im Energiesektor. Mit der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2014 wurden die Zwischenziele angepasst. Bis 2025 soll der regenerative Anteil am Strommix auf 40 bis 45 % gesteigert werden und im Jahr 2035 dann 55 bis 60 % betragen.

Der Ausbau der Erneuerbaren Energien begann 1990 mit der Einführung des Stromeinspeisegesetzes und nahm im Jahr 2000 mit dem unter der Rot-Grünen Regierung beschlossenen EEG deutlich Fahrt auf. Im gleichen Jahr wurde auch der Ausstieg aus der Kernenergie vereinbart. Auch politisch ergab sich eine bedeutsame Wahrnehmungsverschiebung: Waren erneuerbare Energien zuvor als Ergänzung des bestehenden Kraftwerksparks gehandelt worden, wurden sie fortan unter der neuen Regierung als Alternative gesehen, die langfristig das bestehende Energiesystem ablösen sollte.

Um bei der Begrenzung der globalen Erwärmung das Zwei-Grad-Ziel nicht zu verfehlen und damit unkalkulierbare Klimafolgen zu riskieren, ist dem Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen zufolge eine komplett kohlendioxidfreie Energieversorgung für den Zeitraum 2040 bis 2050 anzustreben. Dieses Ziel wird für Deutschland durchaus als erreichbar angesehen, wenn die Ausbaugeschwindigkeit bei den regenerativen Energien gesteigert wird.

Potential und Geschwindigkeit des Ausbaus der erneuerbaren Energien werden unterschiedlich eingestuft. Im Rückblick betrachtet wurden in den in den letzten Jahrzehnten gemachten Prognosen und Szenarien die Potentiale der erneuerbaren Energien zumeist systematisch unterschätzt, oft sogar in erheblichem Ausmaß. Neben Kritikern der Energiewende unterschätzten häufig auch Befürworter das Wachstum der Erneuerbaren Energien.

Die Bundesnetzagentur prognostiziert in ihrem Szenariorahmen 2013 Folgendes: Gegenüber 2012 wird die Summe der installierten Erzeugungsleistung bei der konventionellen Stromerzeugung von 100 GW auf 82 bis 85 GW im Jahr 2024 zurückgehen. Die wichtigste Änderung ist der Wegfall von 12 GW nuklearer Erzeugungsleistung. Die Summe der regenerativen Stromerzeugung wird dagegen von 75,5 GW auf 129 bis 175 GW ansteigen. Die Photovoltaik wird von 33 GW auf 55 bis 60 GW steigen, Wind onshore steigt von 31 GW auf 49 bis 87 GW, Wind offshore von fast null auf 12 bis 16 GW, die Biomasse von 5,7 GW auf 8 bis 9 GW, die Wasserkraft wird kaum ausgebaut und die sonstige regenerative Erzeugung steigt von 1 GW auf maximal 1,5 GW.

Energiewende in Dänemark

Dänemark ist das Pionierland der Energiewende. Mit dem Vorhaben, bis 2050 die komplette Energieversorgung (Strom, Wärme und Verkehr) vollständig auf Erneuerbare Energien umzustellen, ist es zugleich das Land mit der anspruchsvollsten Zielsetzung. Erreicht werden soll dies durch den starken Ausbau der Windenergie sowie der Elektrifizierung des Wärme- und Transportsektors. Hauptziel seit 1972 ist es, die Abhängigkeit von Ölimporten zu verringern, später kam schließlich Energieautarkie, der Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energieträger sowie die Reduktion des Treibhausgasausstoßes hinzu. Durch Einführung verschiedener Maßnahmen wie Energiesparungen, Effizienzsteigerungen und Kraft-Wärme-Kopplung gelang es Dänemark den Primärenergieeinsatz über 40 Jahre (1972 bis 2012) auf einem Niveau zu halten, obwohl das Bruttoinlandsprodukt im selben Zeitraum um mehr als 100 % wuchs. Zugleich wurden 25 % der Primärenergie durch Erneuerbare Energien ersetzt.

Energiewende in Frankreich

Seit 2012 entwickeln sich in Frankreich politische Diskussionen zum Thema Energiewende und wie die französische Wirtschaft davon profitieren könnte. Der Hintergrund der Diskussion ist, dass sich in den kommenden Jahren mehrere französische Atomkraftwerke dem Ende ihrer 40-jährigen Laufzeit nähern.

Im September 2012 prägte die Umweltministerin Delphine Batho den Begriff „Ökologischer Patriotismus“. Die Regierung begann einen Arbeitsplan für einen möglichen Beginn der Energiewende in Frankreich. Dieser sollte bis Juni 2013 folgenden Fragen nachgehen:

● Wie kann Frankreich in Richtung Energieeffizienz und Energieeinsparung gehen? Dies umfasst Überlegungen zu veränderten Lebensstilen, Änderungen in Produktion, Verbrauch und Transport.

● Welchen Weg kann man gehen um den angepeilten Energiemix im Jahre 2025 zu erreichen? Die Klimaschutzziele Frankreichs fordern eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 40 % bis 2030 und 60 % bis zum Jahr 2040.

● Auf welche erneuerbaren Energien soll Frankreich setzen? Wie sollen die Nutzung von Wind- und Sonnenenergie gefördert werden?

● Mit welchen Kosten und Finanzierungsmodellen muss für Beratung und Investitionsförderung für alternative Energien gerechnet werden? Mit welchen für Forschung, Renovierung und Erweiterung der Fernwärme, Biomasse und Geothermie? Eine Lösung könnte eine Fortführung der CSPE (Contribution au service public de l'électricité) sein, eine Steuer, die auf die Stromrechnung aufgeschlagen wird.

Die Umweltkonferenz für nachhaltige Entwicklung am 14. und 15. September 2012 behandelte als Hauptthema das Thema Umwelt- und Energiewende. Dort stellte Präsident François Hollande konkrete Ziele der Energiewende vor, die er als „strategische Entscheidung“ bezeichnete. Demnach soll der Verbrauch fossiler Brennstoffe bis 2050 halbiert werden, als Zwischenziel strebt die Regierung eine Senkung um 30 % bis zum Jahr 2030 an. Neben einer verstärkten Förderung von Erneuerbaren Energien sowie von Elektrofahrzeugen soll zudem der Anteil der Atomkraft bis 2025 von heute rund 75 % auf dann 50 % reduziert werden. Auch soll 2016 das Kernkraftwerk Fessenheim vom Netz gehen, wie Hollande vor seiner Wahl zum Präsidenten versprochen hatte. Zuvor war bereits im August 2013 unter den Regierungsparteien eine Abgabe für umweltschädliche Energien vereinbart worden. Diese soll ab 2014 schrittweise für fossile Brennstoffe eingeführt werden und sich nach den von diesen verursachten Emissionen richten; auch eine Gewinnabgabe für Kernkraftwerke ist geplant.

Im April 2014 kündigte Ségolène Royal, die neue Umwelt- und Energieministerin (im Kabinett Valls) für Juli 2014 einen Gesetzesentwurf an. In diesem soll definiert werden, wie der Anteil der Kernenergie an der französischen Stromproduktion bis 2025 auf 50 % gesenkt werden soll. Der Plan umfasst eine Liste von sechs prioritären Zielen, darunter auch der weitere Ausbau der Erneuerbaren Energien. Es sollen (Stand April 2014) 100.000 Arbeitsplätze in der Green Economy geschaffen werden.

Im Oktober 2014 wurde das Energiewende-Gesetz im französischen Parlament mit 314 zu 219 Stimmen beschlossen. Es sieht vor, den Anteil der Kernenergie am Strommix bis 2025 auf 50 % zu reduzieren, aktuell sind es etwa 75 %. Die Leistung der Kernkraftwerke wurde auf 63,2 Gigawatt gedeckelt. Zudem soll die Gebäudeisolation stark verbessert werden, eine Million Ladestationen für Elektroautos geschaffen werden und die Erneuerbaren Energien stark ausgebaut werden. Dadurch soll der Treibhausgas-Ausstoß bis 2030 um 40 Prozent sinken. Der Gesamtenergieverbrauch soll bis 2050 auf die Hälfte des heutigen Wertes sinken.

Im Juli 2015 passierte das Gesetz endgültig die Nationalversammlung. Als Zwischenziel soll der Anteil der Atomkraft bis 2025 auf 50 % fallen und der Anteil erneuerbaren Energien bis 2030 auf 40 % steigen. Zudem soll der Kohlenstoffdioxidausstoß bis 2050 gegenüber 1990 um 75 % reduziert werden.

Energiewende in vereinigtem Königreich

Großbritannien hat sich das Ziel gesetzt, bis 2050 den Kohlenstoffdioxidausstoß gegenüber 1990 um 80 % zu reduzieren. Zudem soll bis in die 2030er Jahre der Elektrizitätssektor dekarbonisiert, d.h. CO2-frei werden. Um die Umstellung zu fördern, wird auf die Produktion von Kohlendioxid ein Mindestpreis von £18,08/Tonne (23,26 Euro/Tonne) erhoben. Dieser Mindestpreis wird zusätzlich zu den sich aus dem EU-Emissionshandel ergebenden Kosten berechnet und soll unter den aktuellen Marktbedingungen hoch genug sein, um einen Umstieg von emissionsintensiven Kohle- auf emissionsschwächere Gaskraftwerke zu bewirken. In Großbritannien sind Offshore-Windparks mit knapp 4,5 GW (Stand: 2014) im Betrieb, was mehr als die Hälfte der weltweit installierten Leistung von etwa 7 GW ist. Ein großer Anteil dieser Windparks steht auf Flächen, die im Besitz der britischen Krone, dem Crown Estate, sind. Zusammen mit den an Land errichteten Turbinen waren Ende 2014 Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 12,4 GW installiert, womit Großbritannien nach installierter Leistung weltweit auf Platz sechs rangierte. Nachdem die Förderung der erneuerbaren Energien zunächst auf einer Quotenregelung („Renewables Obligation“) basierte, wobei allerdings die Ausbauziele immer wieder verfehlt wurden, stellte man das Fördersystem auf Einspeisevergütung um. Die mangelnde Versorgungssicherheit sowie der Ausfall existierender Kraftwerkskapazität sind Gegenstand verschiedener Kontroversen. Großbritannien gibt der Kernenergie einen Anteil an der zukünftigen Energieversorgung, weshalb EDF zwei neue Reaktoren Hinkley Point C1 und C2 bauen und betreiben soll.

2013 veröffentlichte die Regierung eine neue Solarstrategie, mit der in den nächsten zehn Jahre die Solarkapazität von 2,5 auf 20 Gigawatt gesteigert werden soll.

Im August 2015 kündigte die Regierung an, die Förderung von Photovoltaikanlagen um 90 Prozent zu kürzen.

Energiewende in Japan

Am 11. März 2011 ereignete sich in Japan das Tōhoku-Erdbeben 2011, infolgedessen ein Tsunami ausgelöst wurde, durch den mehr als 18.000 Menschen getötet wurden. Zudem löste die Naturkatastrophe die Nuklearkatastrophe von Fukushima aus, bei der es zu mehreren Kernschmelzen im Kernkraftwerk Fukushima Daiichi kam. Daraufhin wurde die Energiepolitik in Japan neu überdacht. Der Anteil der Kernenergie am Strommix soll sinken, zudem erneuerbare Energien deutlich ausgebaut werden.

Am 18. Juni 2012 bestätigte der damalige Wirtschafts- und Industrieminister Yukio Edano das ab dem 1. Juli gültige Einspeisegesetz für Erneuerbare Energien nach deutschem Vorbild. Die gewährten Fördersätze liegen erheblich über denen in anderen Ländern, weshalb im Besonderen ein Solarboom ausbrach. Zum 1. April 2013 waren bereits Solaranlagen mit 5,3 GW in Betrieb und zur Einspeisevergütung zugelassen waren zum 31. Mai 2013 rund 17,5 GW Solaranlagen. Japanische Unternehmen sind bei Batterie-Speicherkraftwerken für Systemdienstleistung im Stromnetz weltweit führend, so dass Japan bereits Demonstrationsanlagen mit einer Speicherkapazität von 20-MWh und 60-MWh baut (Stand Oktober 2013).

Am 14. September 2012 beschloss die japanische Regierung auf einem Ministertreffen in Tokio einen schrittweisen Ausstieg aus der Atomenergie bis in die 2030er-Jahre, spätestens aber bis 2040. Die Regierung teilte mit, man wolle „alle möglichen Maßnahmen“ ergreifen, um dieses Ziel zu erreichen. Wenige Tage später schränkte die Regierung den geplanten Atomausstieg wieder ein, nachdem die Industrie gedrängt hatte, die Pläne zu überdenken. Angeführte Argumente waren, dass ein Atomausstieg die Wirtschaft belasten und es aufgrund des Imports von Öl, Kohle und Gas zu hohen Mehrkosten kommen würde. Daraufhin billigte die Regierung die Energiewende, ließ aber den Zeitpunkt für die Stilllegung der Kernkraftwerke offen. Im April 2014 machte das Kabinett Abe den vollständigen Kernenergieausstieg rückgängig. Es wurde ein neuer Energieplan beschlossen, nach dem weiter Kernkraftwerke betrieben werden sollen, wobei jedes Kraftwerk zunächst auf die Sicherheit überprüft werden soll. Allerdings soll der Anteil der Kernenergie am Energiemix insgesamt zurückgefahren und stattdessen verstärkt Erneuerbare Energien zum Einsatz kommen.

Angestrebt wird vom Kabinett Abe ein Atomstromanteil von knapp 20 %; vor Fukushima waren es ca. 30 % gewesen. Mit Stand April 2015 erhielten insgesamt 4 der 48 Kernkraftwerksblöcke nach Überprüfen der neu eingeführten erhöhten Sicherheitsbestimmung durch die staatliche Atomaufsichtsbehörde die Genehmigung für ein Wiederanfahren. Zuvor waren bis 2013 alle Kernkraftwerke sukzessive vom Netz genommen worden. Bisher steht das Anfahren dieser vier Reaktorblöcke jedoch aus, da ein Gericht mit Verweis auf die nicht nachgewiesene Erdbebensicherheit den Betrieb der Reaktoren untersagt hat.